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Spielend sprechen lernen - Logopädin Patricia Pomnitz im Interview

GRIMM’S: Patricia, wenn es um Spielsachen geht, lautet dein Motto „weniger ist mehr!“ Was steckt dahinter?

Patricia: Zu viel Spielzeug beeinträchtigt die Spielqualität. Ist ein Kind mit zu vielen Spielsachen konfrontiert, kann es sich oftmals nicht entscheiden und der Einstieg ins Spiel fällt schwer. Deshalb plädiere ich für weniger Spielzeug mit einfachen Materialien. Das kommt auch der Sprachentwicklung zu Gute.

GRIMM’S: Was meinst du mit einfachen Materialien und was hat die Art des Spielzeugs mit der Sprachentwicklung zu tun?

Patricia: Einfache Spielmaterialien sind für mich Bausteine oder Puppen. Mit ihnen zu spielen fördert die Vorstellungskraft und die symbolischen Fähigkeiten eines Kindes. Und Studien zeigen, dass Eltern mehr und reichhaltigere Sprache beim Spielen mit einfachen Materialien einsetzen von der das Kind natürlich profitiert. Im Gegensatz dazu wird beim Spielen mit komplexen Spielzeugen weniger geredet, denn wenn das Spielzeug selbst blinkt und Geräusche macht, ist weniger Eigeninitiative gefragt.

GRIMM’S: Kinder können also beim Spiel mit ihren Eltern an ihrer Sprachfähigkeit arbeiten?

Patricia: Absolut! Im Spielen begreifen Kinder die Welt, können sich in einer entspannten Atmosphäre mit sich selbst und den Dingen des Lebens auseinandersetzen. Und auch in der Kindertherapie ist das Spiel der Träger, denn: Indem therapeutische Übungen ins Spiel eingebettet werden, kann die Sitzung erst kindgerecht gestaltet werden. Das ist vor allem bei jüngeren Kindern wichtig. Je jünger ein Kind ist, desto spielerischer setze ich die Sprachtherapie um.

GRIMM’S: Kannst du uns ein paar praxisnahe Beispiele aus deinem Alltag als Logopädin erzählen?

Patricia: Gerne. Geht es bei einem Kleinkind beispielsweise darum, Begriffe zu bilden und Wörter zu lernen, unterstütze ich dies durch das sogenannte Funktionsspiel. Dabei entdeckt das Kind die Funktion von Dingen und probiert sie immer wieder aus. Beispielsweise lässt das Kind ein Auto hin und her fahren. Dabei kommt es mit den Begriffen „Auto“ und „fahren“ in Berührung. Fortan verbindet das Kind mit dem Wort „fahren“ eine konkrete Handlung. Es hat also durch eine selbst gemachte Erfahrung – das Spielzeugauto fahren lassen – neue Wörter gelernt. Später wird das Kind dann feststellen, dass das Wort „fahren“ auch in anderen Situationen (z. B. Zug, Fahrrad, Straßenbahn) gebraucht wird und kann so eine Verknüpfung herstellen.

Bunte Holzautos liegen auf einem Teppich.
: Durch das Spiel mit Holzautos bilden Kinder die Verknüpfung zwischen dem Wort „Auto“ und der Handlung „fahren“.

Bei Kindergartenkindern sehr beliebt ist zudem das Rollenspiel. Hierbei erleben Kinder, was es bedeutet, sich in eine andere Person hinein zu versetzen. Sie übernehmen verschiedene Sichtweisen, können Gefühle durchleben und diese in Worte fassen. Sie lernen sich abzuwechseln und üben spielerisch Gesprächsregeln ein: fragen, abwarten, antworten.
Ferner werden beim Planen von Spielhandlungen und dem Durchspielen von Handlungsabläufen auch Fähigkeiten geübt, mit denen später Erzählungen oder Aufsätze in einen logischen Ablauf gebracht werden können.
All das macht Kindern Spaß und alles was Spaß macht, motiviert!

GRIMM’S:
Spielzeugautos sind also in deinen Praxisräumen zu finden. Welche Spielzeugarten setzt du außerdem ein?

Patricia: Ich achte darauf, dass die eingesetzten Materialien dazu einladen, gemeinsam zu spielen, denn: Im Miteinander werden Wortschatz, Grammatik und Erzählfähigkeiten spielerisch trainiert und ausgebaut. Die Allzweckwaffe bei meiner Arbeit sind klassische Bauklötze. Kinder lieben es, mit Blöcken kreativ zu werden, indem sie stapeln, umwerfen oder bauen. Dabei können wichtige sprachliche Fähigkeit gefördert werden:

• Die Verbindung von Handlungen mit einfacher Sprache, z. B. beim Umwerfen „bum, bing, oh-oh, zack kaputt!“
• das Kategorisieren nach Farben, Formen und Größe
• das Erlernen der Präpositionen (auf, unter, über, neben, hinter…)
• die Förderung symbolischer Fähigkeiten, z. B. wenn ein Baustein als Telefon zweckentfremdet wird

GRIMM’S: Vielen Dank für deine Zeit und Expertise, liebe Patricia!

Hier geht's zu Patricias Onlineplattform Sprachgold

Simone
GRIMM'S Redaktion